Reisefieber 8. Teil
Fragen:
1) Wer soll den vier helfen?
2) Was ist los in der Schule?
3) Wer hat die Antwort und kann die Aufgabe lösen?
4) Was kann sie besser als sie tut?
5) Wer ist der Schriftsteller? Wohin müssen die vier reisen, um ihn zu finden?
6) Was passierte da im Jahre 1919? (passieren = take place)
7) Wie sehen sich die vier den Ort an?
8) Was vergißt der Schriftsteller oft? Warum?
9) Was denkt Marianne, wenn Christiane sagt: "Mir ist ganz schlecht … "
10) Was ist die nächste Aufgabe?
http://www.lawrenceglatz.com/germ2110/reisefieber8.mp3
Erzählerin: Erich und Erika Mustermann haben bei der Fernsehshow
„Reisefieber” eine Reise durch Deutschland gewonnen. Die
Reise ist für eine Familie mit Kindern, aber die Mustermanns haben
ein kleines Problem: Sie haben keine Kinder.
Deshalb haben sie ihre Nachbarn eingeladen, ein junges,
frischverheiratetes Paar: Horst und Marianne Schultz. Sie müssen
in einer Woche acht verschiedene Orte in Deutschland besuchen. Und sie
müssen selbst herausfinden, wie die Reise weitergehen soll.
Wenn sie nach einer Woche alle Rätsel lösen und zur richtigen
Zeit an der richtigen Stelle sind, gewinnen sie den Hauptpreis in der
nächsten Sendung von „Reisefieber”. Als nächstes
müssen Sie den Autor eines Gedichts finden.
Draußen, Straße. Ein Zettel raschelt.
Erich: Über allen Gipfeln …
Erika: Ist Ruh.
Horst: In allen Zipfeln …
Marianne: Wipfeln!
Horst: Entschuldigung: Wipfeln.
Marianne: Spürest du …
Erich: Kaum einen Hauch;
Erika: Die Vögelein schweigen im Walde.
Horst: Warte nur, balde …
Marianne: Ruhest du auch.
Erich: Günter Grass?
Erika: Bertolt Brecht!
Horst: Walther von der Vogelweide!
Marianne: So geht das nicht, so kommen wir nicht weiter. Wir brauchen einen Experten.
Erich: Und was für einen Experten, wenn ich fragen darf?
Marianne: Zum Beispiel einen Deutschlehrer.
Horst: Liebling, du bist nicht nur schön, sondern auch klug!
Übergangsmusik
Marianne: Hier! Seht ihr, das ist das Goethe-Gymnasium. Jetzt müssen wir nur noch einen Deutschlehrer finden!
Die Schritte der vier im Korridor. Eine Putzfrau wischt naß; man hört Wasser und einen Schrubber.
Horst: Komisch, es ist so ruhig hier …
Erika: Wo sind denn die Schüler?
Marianne: Und wo ist das Lehrerzimmer?
Putzfrau: Lehrerzimmer? Stehen Sie direkt vor Tür. Hier!
Erich: Danke, Frau …
Putzfrau: Özgür. Mit „ö”.
Sie klopfen an die Tür. Die Tür wird geöffnet; der
Rektor kommt heraus in den Korridor. Im Hintergrund putzt die Putzfrau
fleißig weiter.
Rektor: Was gibt's denn? Die Krisensitzung ist erst um 18 Uhr.
Marianne: Bitte entschuldigen Sie. Sind Sie Deutschlehrer?
Rektor: Nein, ich bin nur der Rektor. Warum?
Erich: Wir haben ein Problem. Wir brauchen einen Deutschlehrer.
Erika: Oder eine Deutschlehrerin.
Rektor: Tja, da kann ich Ihnen leider nicht helfen.
Horst: Warum denn nicht? Das ist doch eine Schule hier, oder?
Rektor: Ja, schon. Aber die Lehrer streiken.
Marianne: Was tun die Lehrer?
Rektor: Sie streiken.
Erich: (regt sich auf) Die Lehrer streiken? Das ist doch die Höhe!
Rektor: Das finde ich auch. Sie wollen mehr Geld und mehr Ferien!
Horst: Mehr Geld und mehr Ferien? Das ist ja genau wie bei der Polizei!
Rektor: Polizei? Polizei! Gute Idee! Ich rufe die Polizei an! Ihre
Kollegen können dann hier den Unterricht machen, bis der Streik
vorbei ist! Entschuldigen Sie mich bitte. Ich muß sofort mit dem
Kultusminister telefonieren! Und mit dem Innenminister!
Der Rektor schließt die Tür. Einen Moment herrscht Stille. Man hört nur die Putzfrau schrubben.
Marianne: (schluchzt) La … La … La …
Erika: Lakritze? Hier, Kind.
Eine Lakritztüte raschelt. Die von der Putzfrau verursachten Geräusche werden lauter.
Horst: Das darf doch nicht wahr sein! Die Lehrer streiken, und wir verpassen die Sendung!
Erich: Mein Schatz, meine lieben Kinder – ich fürchte, unsere Reise ist zu Ende.
Putzfrau: Entschuldigen, aber Sie haben Probleme?
Marianne: Problem? Das kann man wohl sagen!
Putzfrau: Vielleicht kann ich helfen, wenn Sie wollen.
Horst: Wie bitte?
Putzfrau: Was für Probleme haben Sie?
Erika: Wir suchen einen Schriftsteller. Wir suchen den Verfasser dieses Gedichts:
Erich: Über allen Gipfeln …
Erika: Ist Ruh.
Horst: In allen Zipfeln …
Marianne: Wipfeln!
Horst: Entschuldigung: Wipfeln.
Marianne: Spürest du …
Erich: Kaum einen Hauch;
Erika: Die Vögelein schweigen im Walde.
Horst: Warte nur, balde …
Marianne: Ruhest du auch.
Putzfrau: Weiß ich wer hat geschrieben dem Gedicht. ( <---- Incorrect German, used to show a non-native speaker!)
Erich: Was sagen Sie?
Putzfrau: Na, ist Fall ganz klar: Goethe! Johann Wolfgang von Goethe.
Nicht mit „ö” wie „Özgür”. Mit
„oe” wie „Goethe”. Gleicher hat geschrieben den
„Faust”.
Horst: Sind Sie sicher?
Putzfrau: Bin ich so sicher wie ist Schule sauber! Schön, wenn
keine Kinder. Nicht so viel putzen! Finde ich Streik sehr gut!
Erich: Und wo wohnt Goethe?
Putzfrau: In Weimar.
Horst: in Weimar!
Erika: Also los! Nach Weimar!
Marianne: Danke, Frau Özgür! Vielen Dank!
Horst: Bitte lächeln Sie mal für die Kamera!
Putzfrau: Güle Güle! Tschüß! (dann zu sich selbst)
Ich muß mir diesen altmodischen Akzent abgewöhnen. Das ist
politisch nicht korrekt. Aber die Touristen haben es gern … (VERY FUNNY)
Akustikwechsel: draußen. Die vier sitzen in einem offenen
Pferdewagen und machen eine Stadtrundfahrt durch Weimar. Der Kutscher
knallt ab und zu mit seiner Peitsche.
Marianne: Horst, schau doch, diese wunderschönen Häuser! Ich
wußte gar nicht, daß Weimar so schön ist!
Kutscher: Sehen Sie, hier rechts ist das Deutsche Nationaltheater. Hier
tagte 1919 die Nationalversammlung der ersten deutschen Republik. Darum
heißt die Weimarer Republik auch „Weimarer Republik”.
Kutschengeräusche
Kutscher: In diesem Haus hier wohnte Franz Liszt.
Marianne: Oh, der Schauspieler! (<--- Falsch! Komponist und Klaviermeister!)
Kutschengeräusche
Horst: Herr … Vati, was ist denn los mit der Videokamera?
Erich: Zeig mal her, mein Sohn. Die Kassette ist zu Ende. Hier, ich habe noch eine leere.
Kutscher: Und hier drüben wohnte Friedrich Nietzsche.
Erika: Hm … der berühmte Zahnarzt! (<--- Falsch! Philosoph und Denker!)
Kutschengeräusche
Kutscher: Das hier ist das Haus von Friedrich Schiller.
Horst: Ha, der Meisterdetektiv! (<--- Falsch! Schriftsteller!)
Kutschengeräusche
Kutscher: Und da links ist die Wohnung von Gottfried von Herder.
Erich: Ah, der Fußballspieler! (<--- Falsch! Gelehrter und Sprachphilolog!)
Das Pferd wiehert plötzlich hysterisch.
Erich: Horst, Finger weg! Laß das Pferd in Ruhe!
Horst: Mensch, Vati! Ich wollte doch bloß sehen, was passiert, wenn ich hier …
Das Pferd wiehert gottserbärmlich.
Kutscher: Mein Herr, tun Sie das nicht!
Das Pferd geht durch und galoppiert davon. Man hört Holz splittern und Glas zerbrechen.
Erich: (knallt Horst eine) Horst!
Horst: Autsch! Entschuldigen Sie … Vati.
Kutscher: Das wird eine teure Stadtrundfahrt!
Goethe: (ziemlich verstört) Was … was ist denn los? Ach, Sie sind das, Eckermann!
Kutscher: Entschuldigen Sie bitte die Störung, Herr von Goethe.
Erika: Das ist Goethe? Herr von Goethe, bitte seien Sie nicht böse.
Erich: Mein Sohn ist schuld. Er macht immer alles kaputt.
Christiane Vulpius: Johann Wolfgang, was ist denn passiert? Was macht denn das Pferd im Gartenhaus?
Das Pferd wiehert.
Goethe: Alles in Ordnung, Friederike … äh …
Charlotte! Es ist nur Eckermann, mein Sekretär und Kutscher.
Christiane: Friederike? Charlotte? Johann Wolfgang, du hast ja schon wieder meinen Namen vergessen!
Goethe: Susanne … äh … Christiane, sei doch nicht hysterisch! Bitte, reg dich nicht auf!
Goethes Mobiltelefon piepst. Goethe nimmt ab.
Goethe: Von Goethe … (flüstert ins Telefon) Kätchen!
Ich hab' dir doch gesagt, du sollst mich nicht anrufen! … Nein,
ich kann jetzt wirklich nicht sprechen! (Er legt auf, sichtlich
nervös.)
Christiane: Kätchen? Also ist es wahr: Du hast eine andere?
Goethe: Beruhige dich doch, Susanne!
Christiane: Christiane!
Goethe: Entschuldige. Reg' dich nicht auf!
Christiane: Ich soll mich nicht aufregen? Nicht mal meinen Namen kannst du dir merken, du mieser Dichter du! Verschwinde!
Goethe: Aber Friederike … ich meine, Charlotte! Bitte, es ist doch so schön mit uns zweien …
Christiane: Hau ab! Ich will dich nie wieder sehen! Du Weiberheld du!
Goethe: (schon im Weggehen) Eckermann, klären Sie die Situation! Ich gehe erst mal was trinken.
Kutscher: Natürlich. Wie immer, Herr Geheimrat!
Das Pferd wiehert.
Erich: Frau …
Christiane: (beruhigt sich langsam) Vulpius. Christiane Vulpius. Ich
bin die Freundin von diesem … diesem Gedichteschreiber.
Kutscher: Und ich heiße Eckermann. Ich bin Kutscher und der
Privatsekretär des Geheimrats von Goethe. Sehen Sie, was Sie
gemacht haben! Wer sind Sie überhaupt?
Erich: Wir sind die Mustermanns aus Frankfurt.
Kutscher: Frankfurt am Main? Schöne Stadt! Da hat Herr von Goethe früher gewohnt.
Erich: Wir kommen nicht aus Frankfurt am Main. Wir wohnen in Frankfurt an der Oder!
Kutscher: Ach so!
Erika: Es tut uns leid. Unser Sohn ist an allem schuld. Er ist bei der Polizei.
Christiane: Entschuldigen Sie, haben Sie vielleicht etwas Lakritz für mich? Mir ist ganz schlecht …
Marianne: Hier, bitte. Sie auch?
Christiane und Marianne essen Lakritz. Die Tüte knistert.
Christiane: Ja, ich weiß es seit einer Woche. Und dieser Gedichteschreiber kann nicht mal meinen Namen behalten!
Erich: Frau Vulpius, wo finden wir denn Herrn von Goethe?
Christiane: Das ist mir egal! Ich will ihn nie wieder sehen!
Horst: Aber er muß uns noch unsere Aufgabe geben! Wir haben die
Deutschlandreise bei „Reisefieber” gewonnen. Und wir suchen
unser nächstes Reiseziel!
Kutscher: Warum haben Sie das denn nicht gleich gesagt? Ich als
Privatsekretär weiß natürlich Bescheid! Wissen Sie,
Herr von Goethe ist das Genie, aber ich mache die Arbeit. Moment
…
„Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerei und Medizin,
Und leider auch Theologie …”
Nein … nein, das war's nicht. Moment, hier! Die Handschrift des Herrn Geheimrat ist furchtbar!
Christiane: Das kommt vom Trinken!
Kutscher: Hier steht: „Besuchen Sie das wichtigste Tor der deutschen Geschichte.”
Erika: Das wichtigste Tor der deutschen Geschichte …
Kutscher: Genau. Und Sie müssen um 20 Uhr da sein. Keine Sekunde später.
Horst: Vorsicht, Kamera!
Studioakustik
Erzählerin: Die letzte Aufgabe für die Mustermanns ist also:
Besuchen Sie das wichtigste Tor der deutschen Geschichte. Und die
Mustermanns müssen um 20 Uhr da sein, keine Sekunde später!
Schlußmusik
der Wipfel - tree-top
der Hauch -e breath of air
sich etwas abgewöhnen wean
tagen to meet or assemble
Reg' dich nicht auf. Don't get upset.
der Weiberheld -en womanizer
das Tor -e gate, goal
die Geschichte 0 history